Das Kloster Kappel am Albis Alphabet
A ufsteigen kräftigend Düfte des Klostergartens.
B ogen der Berge fast unsichtbar, Milchlicht der Frühe.
C hristliche Einkehr – hinterm Gemeinplatz der Wunsch.
D anken zu lernen, Hölderlins Wort von dem Aufbruch*.
E benmass des Brunnens unter dem Fenster, aber das stimmt nicht.
F ragen statt Sicherheit, Freiheit statt Frieden.
G ekommen zu sein, um zu gehen – so war das – Hälfte des Lebens.
H eimat, die eingerollte Strasse im Handgepäck.
I rdenes Gefäss, das ich bin, innen der Scherbenberg.
J etzt, seit 1185, jetzt, das ist Anwesenheit, menschengemacht.
K ühlung des Morgens, die Amsel, als hätte ich sie mitgebracht.
L ange dachte ich nicht mehr ans mönchische Leben, stillere Möglichkeit jeden Tags.
M orgen, Tags Anfang, ist er die Fülle, die sich ergiesst, oder die Leere, in die alles gegossen wird?
N eu bist du auf jeden Fall.
O der wiese das Morgengebet ältere Ordnung und Unterordnung?
P salm ist aber, in dem das Gesicht erscheint.
R ichte mich aus, zitternde Kompassnadel.
S anft, wie das Fremdwort lautet, eine Möglichkeit.
T ippe nur an, es wird wieder ein Pendel sein.
U nd unter den Pflanzen eine, dein eigener Salat.
V iolett? Nein, heute nicht diese Aster der Tradition.
W irklich anzukommen, du lernst es, du lernst es.
Z eit, eine einzige, gibt es nicht, aber ich höre dich zählen, selbst hier, selbst jetzt.
Uwe Kolbe, 21. Mai 2022
Entstanden im Rahmen der Tagung "Poesie der Psalmen".
*Hölderlin:
„Alles prüfe der Mensch, dass er Danken für alles lernt und verstehe die Freiheit, aufzubrechen, wohin er will.“